Zwischen Herzblut, Chaos und Teamarbeit
Manchmal entstehen die besten Geschichten nicht aus großen Plänen, sondern einfach, weil zwei Menschen Bock haben, etwas Eigenes zu schaffen. In Ohlenstedt, einer kleinen Ecke von Osterholz-Scharmbeck, lebt genau so eine Geschichte: Fuchsbau Customs.
Hinter diesem Namen stehen Nina und Philipp Fuchs – zwei, die Bikes nicht einfach nur fahren oder schrauben, sondern leben.
Zwei Herzen, eine Garage, ein Traum
Philipp ist ein waschechter Süddeutscher. Sonne, Berge, Kässpätzle – das volle Programm. Doch der Norden rief. Genauer gesagt Nina.
Für sie zog er hoch nach Norddeutschland, ließ Heimat und Dialekt hinter sich – und fand etwas, das sein Leben komplett auf den Kopf stellte: eine Garage, ein Haufen alter Teile, ein Schrauberschlüssel in der Hand – und ein Gefühl, das süchtig macht. „Wir hatten einfach Bock, endlich loszulegen“, erzählt Philipp heute. „Kein ewiges Rumgerede mehr – einfach schrauben.“ Und so entstand, fast beiläufig, erst nXp, später dann Fuchsbau Customs. Keine hochtrabenden Businesspläne. Keine Hipster-Mentalität. Sondern zwei Leute, die sich dreckig machen und sich dabei ein kleines Paradies erschaffen.
Der wilde Haufen auf zwei Rädern
Fünf Bikes stehen heute im Fuchsbau: Drei Harley Sportster – Baujahr 1994, 2003 und 2018. Eine Royal Enfield Himalayan für die Runden, bei denen’s egal ist, wenn’s kracht. Und eine Yamaha XV 950 R – die eiserne Reserve, wenn die Harleys mal wieder ihre Diva-Allüren haben.
Und dann ist da noch diese eine Maschine – die 94er Sporty. Die Diva unter den Diven. „Die Karre könnte man eigentlich auch einfach anzünden“, lacht Nina. Krumm eingespanntes Hinterrad, verklebte Vergaser, miserable Schweißnähte, zusammengestückelte Elektrik – dieses Bike war mehr Baustelle als Maschine. „Das Teil war mehrfach geschreddert und einfach wieder zusammengebraten“, sagt Philipp und schüttelt den Kopf. Aber trotzdem: Kein anderes Bike hat so einen Platz im Herzen der beiden wie dieses Wrack.
Weil jedes verflixte Problem, jede Nacht in der Garage, jedes neue Fluchen es noch ein Stück mehr zu ihrem Bike gemacht hat.
Die Tour, die eigentlich hätte schiefgehen müssen
Eine der Geschichten, die Nina und Philipp nie vergessen werden, begann eigentlich ganz harmlos. Ein entspannter Tagestrip rund um den Jadebusen, Sonne im Gesicht, der Sound der Bikes wie ein eigener Herzschlag.
„Wir wollten einfach neue Strecken ausprobieren“, erinnert sich Nina. „Und dann kamen wir auf diese Straße… also Straße war schon geschmeichelt.“ Es war eher ein Feldweg, übersät mit Schlaglöchern, Schotter und mehr Buckeln als ein Rodeoplatz.
Umkehren? Keine Chance. Dafür war der Stolz zu groß. Also ging’s weiter – Rodeo-Style, Lachen unterm Helm, jeder Stoß ein neuer Witz auf den Lippen.
Doch der Spaß hatte einen Preis: Kaum zurück auf besserem Asphalt, fühlte sich Ninas Heck plötzlich verdammt wackelig an.
Anhalten. Nachsehen. Acht Speichen – einfach ausgebrochen. Komplett weg. Und das bei Tempo 60.
„Keine Ahnung, wer da oben aufgepasst hat“, sagt Philipp und klopft dreimal auf Holz. Nina schaffte es noch sicher zum Stehen – und beide lernten einmal mehr: Manchmal schützt dich auf zwei Rädern nicht die Technik, sondern einfach Glück.
Pünktlichkeit? Pffff…
Gibt’s bei Fuchsbau Customs jemanden, der immer hinterherhinkt? „Ja. Uns beide.“, grinst Philipp. „Wir sind grundsätzlich zu spät. Immer. Ohne Ausnahme.“ Tank leer? Schlüssel verlegt? Noch schnell ein letzter Blick auf die Vergaser-Einstellung?
Im Fuchsbau vergeht die Zeit einfach anders. Aber wenn sie dann rollen, dann richtig.
Und nach der Tour?
Was nach einer Tour passiert, entscheidet der Moment. Manchmal geht’s in die nächste Kneipe auf ein Bier. Manchmal direkt auf die Couch, Helm noch halb auf dem Kopf, weil die Müdigkeit schneller war. Und manchmal? Endet der Tag mit neuen Schrauberideen in der Werkstatt – und damit, dass die Bikes für den nächsten Trip schon wieder auseinandergerupft sind.
Werkstattleben – dreckig, ehrlich, geil
Noch ist der Fuchsbau eine junge Werkstatt. Kein großer Showroom. Keine auf Hochglanz polierte Theke.
Dafür alte Blechschilder an der Wand, der Geruch von Öl und Benzin in der Luft und zwei Menschen, die lieber schrauben als labern.
Wer einmal durch die Tür tritt, merkt sofort: Hier geht’s nicht um Außenwirkung. Hier geht’s ums Machen.
Szenenliebe und Szene-Frust
In der Biker-Szene haben Nina und Philipp schnell gemerkt: Nicht jeder versteht, worum es eigentlich geht.
„Manche vergessen, dass es um Leidenschaft geht, nicht um Regeln“, sagt Nina. „Ein richtiger Chopper muss einen Kicker haben, Starrrahmen, am besten einen Knucklehead… blabla.“ Sie aber feiern die Treffen, wo jeder einfach er selbst ist.
Wo Bikes nicht zur Selbstbeweihräucherung gebaut werden, sondern weil sie eine Geschichte erzählen.
„Es geht nicht um den dicksten Motor oder die teuerste Lackierung“, meint Philipp. „Sondern darum, dass du aufs Bike steigst und dein Herz schneller schlägt.“ Was sie richtig ankotzt?
Der Trend zu breiten Schultern und noch breiteren Bikes – alles Show, null Seele.
Oldschool oder nix
Für Nina und Philipp ist klar: Oldschool ist kein Trend. Es ist ein Lebensgefühl. „Alte Mopeds sind ehrlich“, sagt Philipp. „Die brauchen dich. Die verzeihen dir nix.“ Ein Zündfunke fehlt? Ein alter Gummi porös? Dann stehst du.
Aber genau das macht es aus. Keine Traktionskontrolle. Keine Assistenten. Nur du und die Maschine.
Wenn aus Funken Feuer wird
Natürlich läuft nicht immer alles glatt. Einer ihrer größten Schrauber-Fails? Ein brennendes Bike – mitten in der Garage.
„Nur mal eben den Motor testen“, erzählt Philipp lachend. Doch lockere Kabel und eine großzügige Portion Startspray wurden zur explosiven Mischung. Ein Funke reichte – und schon stand die Garage kurzzeitig in Flammen. „Und wer war schuld?“, fragt Nina grinsend.
„Natürlich du!“, sagt Philipp. Am Ende wurde gelacht, gelöscht – und die Lektion gelernt: Immer erst Kabel festziehen, dann zünden.
Vom Bastelhobel zur Messe-Nummer
Eine Story, die den Spirit von Fuchsbau Customs perfekt einfängt, beginnt mit einem schiefen Plan und endet mit Standing Ovations. Philipp kaufte eine alte Suzuki LS650 – einfach, um mal alles auszuprobieren, was ihm durch den Kopf ging.
Selbstgenähter Sitz, umgebaute Elektrik, improvisierte Lackierung mit Sprühfolie und IPad-Entwürfen – Hauptsache selbstgemacht.
„Wir hatten keinen Plan, nur Ideen“, erinnert sich Philipp. Und dann kam Nina. Acht Wochen vor der Hochzeit:
„Bring den Hobel zum Laufen. Melde dich für die Custombike Messe an.“ Was unmöglich klang, wurde Wirklichkeit.
Das Bike lief. Es lief gut. Und es stand – zwischen all den Hochglanz-Boliden – als echtes, ehrliches Garagenprojekt auf der Messe.
Heute hängt im Hausflur eine große Collage mit Bildern dieser Reise. Ein Denkmal für Mut, Chaos, Leidenschaft – und ein kleines bisschen Wahnsinn.
Traumstraßen und Spontanität
Große Roadtrip-Pläne? Weltumrundungen? Nein. Nina und Philipp brauchen nur eines: Sonne auf der Haut und Asphalt unter den Rädern.
„Unsere Traumstrecke ist einfach die nächste Straße bei schönem Wetter“, sagt Nina. Touren, Treffen, Ausflüge – alles spontan.
Kein Druck, keine Listen. Nur das Gefühl, dass es jetzt genau richtig ist.
TÜV und Stolz
Während andere Biker stolz auf ihre dreisten Tricks sind, um den TÜV zu überlisten, bleiben Nina und Philipp entspannt.
Ihre Bikes sind zwar eigenwillig – aber legal. „Bis jetzt läuft alles sauber“, sagt Philipp mit einem Augenzwinkern. „Mal sehen, wie lange noch…“
Das Motto von Fuchsbau Customs bringt es auf den Punkt: „Unser Ding.“
Keine Trends. Keine Regeln. Keine Szene-Mode. „Unsere Projekte müssen nur uns gefallen“, sagt Nina. „Punkt.“
Und wenn der Fuchsbau brummt, wenn die Werkzeuge klirren und die Bikes röhren, läuft immer irgendwo ein Soundtrack, der perfekt passt:
Mötley Crüe – Kickstart My Heart
The Doors – Break on Through
Knocked Loose – Counting Worms
Rupert Holmes – Escape
Laut. Wild. Authentisch. Genau wie sie selbst.
Fuchsbau Customs – das sind Nina und Philipp.
Zwei, die zeigen, dass echte Leidenschaft nicht poliert, nicht geplant und nicht inszeniert sein muss.
Sondern dass sie lebt – in dreckigen Händen, verbeulten Tanks und Herzen, die schneller schlagen, wenn der Motor anspringt.
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