Holger – Zwischen Schrauberhalle, Chopperkult und Mittelfranken-Vibes



Wenn man über die deutsche Oldschool-Szene spricht, fällt irgendwann auch der Name Holger aus Mittelfranken. Einer, der sich nicht verstellt, einer, der nicht nur Bikes fährt, sondern sie baut, lebt, denkt. Neustadt an der Aisch ist sein Zuhause – und dort steht nicht nur seine Schrauberhalle, sondern auch der Mittelpunkt seines Motorrad-Universums.

Wer Holger kennt, weiß: Der fährt nicht irgendeinen Mainstream-Einheitsbrei. Seine Garage liest sich wie eine Hommage an die japanische Chopper-Kunst: Kawasaki VN800, zwei Suzuki LS650, eine Honda VT600 und eine Suzuki GS750 im Zodiac-Hardtail. Alles andere als gewöhnlich – und genau das ist auch seine Szene: Japan-Chopper. Klar, kompromisslos, anders.

Wurzeln aus Öl und Werkzeug
Sein Weg zu Motoren, Lärm und Lebensgefühl war keine spontane Entscheidung, sondern eher vorprogrammiert. Schon in den 70ern schraubte Holgers Vater an Honda CBs und Co., oft mit AME-Teilen und Zubehör, das man heute liebevoll „Schätze aus dem alten Katalog“ nennt. Der Schraubervirus war da, bevor Holger überhaupt laufen konnte. Ende der 2000er übernahm er die Schrauberhalle seines Bruders – eigentlich eine Halle fürs Autoschrauben. Doch über die Jahre wurde aus dem Autofan ein Motorradverrückter, und aus der Halle ein Ort mit Seele. Heute ist sie mehr als nur eine Garage – sie ist Holgers Rückzugsort, Werkstatt, Wohnzimmer und Startpunkt jeder Idee.

Die erste Liebe: Honda VT600
Jedes echte Schrauberleben beginnt mit einem Bike, das mehr ist als nur ein Fahrzeug. Bei Holger war es eine Honda VT600, die er 2013 von seinem Vater bekam. Damals noch eher brav, mit breiter Gabel und 200er Hinterreifen. Doch wie das so ist: Der erste Umbau kommt immer. Und dann der nächste. Und der nächste. Heute rollt die VT600 auf Stollenreifen und trägt eine Polybauer-Verkleidung – ein echtes Statement. Kein Standard, kein Glanz, sondern Charakter. „Die wird mich nie verlassen.“ Ein Satz, der mehr sagt als jedes Datenblatt.

Radikal ist genau richtig
Wer Holgers Maschinen kennt, weiß: Er baut nicht für Applaus, sondern für Ausdruck. Seine Bikes sind bewusst drüber. Sie polarisieren. Und genau das will er auch. „Meine Bikes, behaupte ich, sind optisch eher radikal, da ich gern über den Standard-Bobber- oder Chopper-Style hinaus gehe und nicht viel von Chrom und glanzschwarzem Standard halte. Es darf ruhig polarisieren.“

Und genau das tun sie. Keine glattgebügelten Builds. Sondern echte Maschinen mit Haltung.

1200 Kilometer Chopper-Feeling bis ans Meer
2014 war es dann soweit: Der erste große Umbau an der VT600 war durch, der TÜV war frisch drauf – und Holger gab ein Versprechen ab.„Wenn das Ding fertig ist, fahr ich ans Meer.“ Gesagt, getan. 1200 Kilometer nach Kroatien – mit der ersten selbst umgebauten Chopper. Keine Ausreden, kein Trailer, keine Hilfe. Einfach losfahren. Das Gefühl? Unbeschreiblich. Die Sonne im Gesicht, die Straße unter den Stollen – und das Wissen, dass jede Schraube, jede Idee, jedes verdammte Teil selbst verbaut wurde.

Zuhause in der Halle
Für Holger beginnt und endet jede Tour in seiner Halle. „Ich behaupte mal, für die meisten von uns ist das mehr als nur eine Schrauberhalle.“ Und genau das merkt man auch, wenn man mit ihm redet. Es ist kein Hobby. Es ist ein Lebensraum.

Sobald das Hallentor hinter ihm zugeht, die Musik läuft und das Werkzeug in der Hand liegt – dann ist der Alltag draußen. Dann ist es gut.

Oldschool oder gar nicht
In einer Zeit, in der jeder zweite Biker auf den neuesten Technik-Kram schwört, bleibt Holger bei dem, was für ihn zählt: Oldschool.

„Für mich hat ein echter Chopper einen Vergaser und muss alt sein.“ Klar, moderne Miniblinker oder Rücklichter? Kein Problem. Solange es ins Bild passt, geht das. Aber das Herzstück – das muss knarzen, röhren, leben.

Die Szene – zwischen Haltung und Hochglanz
Holger ist nicht nur Schrauber und Fahrer, sondern auch jemand, der die Szene mitgestaltet. Mit seiner Instagramseite @kustomszenefranken und dem Podcast „der_chopcast“ bringt er genau das nach außen, was für ihn die Essenz der Szene ist: Echte Typen, echte Maschinen, echte Leidenschaft. „Die Oldschool-Schrauberszene gefällt mir gut. Aber mit der modernen Fraktion auf ihren Leasingbikes kann ich absolut null anfangen.“

Pannen, Polizei & Polybauer
Natürlich gibt’s auch Storys, die einfach typisch Holger sind. Wie die Nummer mit der LS650: „Wir waren drei Tage unterwegs, und genau am Ortsschild, kurz vor der Haustür, gibt das Ding den Geist auf.“ Timing, das man sich nicht ausdenken kann. Und dann war da noch der Moment mit der Polizei: „Bei einer Verkehrskontrolle hab ich der Rennleitung erzählt, ich hab meinen Fahrzeugschein nicht dabei – damit die nicht auf die Idee kommen, noch genauer zu suchen. Als ich ihn dann ein paar Stunden später im Präsidium nachgereicht hab, bin ich natürlich zu Fuß hin. Kam nicht so gut an.“

Und der Soundtrack?
Wenn Holger gefragt wird, welches Lied zu seinem Bike passt, kommt die Antwort trocken, aber eindeutig: „Sandstorm“ von Darude.

„Ich zieh schlechtes Wetter magisch an – ob ich will oder nicht.“
Kein Helm-Sound, kein Lautsprecher am Lenker – nur Straße, Wind und das eigene Brummen im Kopf. Holger braucht keinen Sound von außen, der Takt kommt vom Motor, vom Wetter, vom Ritt selbst. Jeder Kilometer hat seinen eigenen Beat – und Holger fährt ihn, direkt, ungefiltert, wie er ist.

Holger – Kein Hype, kein Hochglanz. Nur Herz.
Holger steht für eine Szene, die nicht aus Spek­takel besteht, sondern aus Schraubenschlüsseln, langen Abenden in der Halle und echten Kilometern auf der Straße. Seine Maschinen sind Statements, keine Dekoration. Sie tragen Gebrauchsspuren, Geschichten, Haltung.

Er redet nicht viel – aber wenn er was sagt, hat’s Gewicht. Er baut nicht, um zu gefallen – er baut, weil’s ihm entspricht. Und genau das macht ihn aus: unverfälscht, geradeaus, mit der richtigen Mischung aus Chaos und Kontrolle.

Holger ist nicht nur Teil der Szene – er ist einer der Gründe, warum sie noch lebt.

 

5 Responses

    • Holger ist einer der Coolsten der mit die geilsten Bikes baut.. einfach rougth und ohne Schickimicki, genau so wie Bikes sein müssen😎😎🤟🏻

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